Low Contact nach No Contact zur narzisstischen Familie

Low Contact nach No Contact - Wie kann ich in meiner narzisstischen Familie überleben?

 

In diesem Artikel gebe ich zehn Tipps für das Überleben in einer narzisstischen Familie. Es sind Tipps für Menschen, die bereits den Kontakt zu ihrer narzisstischen Familie abgebrochen haben und nun ab und an versuchen möchten, wieder mit ihr in Verbindung zu treten.

 

Folgendes ist für alle diejenigen, die den Kontakt zu ihrer Familie abbrechen, zu berücksichtigen: Der äußere Kontaktabbruch ist bei Menschen, die die Rolle des Sündenbocks in ihrer Familie haben, in den allermeisten Fällen notwendig. Um zu heilen, Normalität kennen zu lernen und zu sich zu finden. Durch einen äußeren Kontaktabbruch entsteht aber keine innere Ablösung. Nur wer innerlich abgelöst ist, kann (wenn er das möchte…. wenn nicht, ist das auch völlig okay und verständlich) ab und zu in einen begrenzten Kontakt zur Familie gehen und mit den jeweiligen Familienmitgliedern den Kontakt leben, der möglich ist. Bei narzisstischen Familienmitgliedern, die in die Richtung des malignen Narzissmus tendieren, muss ein Kontakt unter Umständen gänzlich vermieden werden. In manchen Familien ist der Grad der Toxizität auch leider so hoch, dass ein Zurückkommen gar nicht mehr möglich ist.

 

Wer noch keine innere Stabilität durch Psychotherapie erlangt hat, für den ist die narzisstische Familie ein gefährlicher Ort. Dann ist man noch zu sehr traumatisiert und zu sehr manipulierbar. Anzeichen, dass es zu früh sein kann, Kontakt aufzunehmen, sind folgende: Es geht dir schlecht bei dem Gedanken, Kontakt aufzunehmen. Du reagierst zum Beispiel mit Alpträumen, Schwindel, Schlaflosigkeit oder du bist nicht mehr arbeitsfähig. Dann scheint es noch zu früh zu sein.

Vorab: Du bist Experte in deinem Leben. Jede Geschichte ist anders.

 

Die Tipps hier sind nur Ideen. Bitte prüfe diese für dich und tu nur das, womit du dich wohl fühlst. Und ich möchte dich auch bitten, genau zu prüfen, was andere Experten an Tipps geben. Nimm nur das an, wo du guten Gewissens zustimmen kannst.

 

1. Kontakt begrenzen: Der wichtigste Punkt ist der, den Kontakt zu begrenzen. Auf ein Level, mit dem es dir gut geht. In dieser Familie bist du der Sündenbock und du wirst immer dementsprechend behandelt werden. Egal, was du erreicht hast: Du bist das Familienmitglied, das sein Leben falsch führt, nichts hinbekommt, falsch denkt und falsch handelt. Dies ist äußerst schädlich für das eigene Selbstbewusstsein und kann zu Depressionen, Arbeitsunfähigkeit, Süchten und zum Suizid führen. Schütze dich vor diesen Lügen und verbringe Zeit mit Menschen, die dein Potential sehen und dich schätzen. Jeder Mensch braucht Bestätigung und Anerkennung, aber diese von der narzisstischen Familie zu erwarten, ist keine gute Idee. Mache dir bewusst, dass es falsch ist, wie sie dich behandeln und dass es Lügen sind, die sie über dich aussprechen. Und sprich nach jedem Kontakt, den du hattest, mit deinen Freunden und mit deinem Therapeuten über deine traurigen Gefühle. Damit wären wir beim zweiten Punkt:

 

2. Unterstützungsnetzwerk: Tanke zwischendurch bei deinen Freunden, mit Hobbys und bei deinem Therapeuten Energie! Dies kann sehr wertvoll sein, um das Bild von dir selbst wieder ins richtige Licht zu rücken.

 

3. Häppchenweise Kontaktaufnahme: Wenn du nach einer gewissen Zeit der Stabilisierung und der Traumatherapie in der Lage bist, zu dem einen oder anderen Familienmitglied häppchenweise Kontakt aufzunehmen, dann achte darauf, dass es wirklich bei kleinen Häppchen bleibt. Sonst bekommst du zu viel von dem fortwährenden Getratsche in deiner Familie mit und das kann dich gerade im Anfangsstadium deiner Heilungsreise noch zu stark belasten und aus deinem inneren Gleichgewicht bringen. Wenn du mit einer Person aus deiner Familie zu tun hast, ist die Gefahr real, dass sie dein Erzähltes der Familie weitergibt und jeder seinen giftigen Senf dazu packt. Wenn du es gleich mit zwei Personen zu tun hast, bekommst du von beiden die volle Dosis, die in der Familie umher schwirrt, ab. Auch das kann im Anfangsstadium noch zu viel für dich sein.

 

4. Grenzen setzen! Wenn du einem Familienmitglied noch eine Chance gibst und dieses sich nicht an eure Abmachungen hält, dann mache deutlich, dass man so nicht mit dir umgehen darf. Das kann bedeuten, dass du noch weniger Privates als zuvor berichtest oder dich für eine gewisse Zeit zurückziehst. Dich zu respektieren und auf deine Gefühle zu achten, ist nicht die Stärke einer narzisstischen Familie. Du musst dich beschützen. Und Grenzen zu setzen ist auch ein Ausdruck von Liebe. Denn so kann der andere sein Verhalten überdenken. Und nur so werden andere Familienmitglieder gezwungen, ihr Verhalten zu überdenken. Setze dir auch selbst Grenzen, wie häufig du mit den verschiedenen Familienmitgliedern kommunizierst. Wenn du nicht viel Kraft hast oder müde bist, dann mach es besser nicht. Wenn du nicht möchtest, dass sie deine Adresse haben, dann gib sie ihnen nicht. Verfahre genauso mit deiner E-Mail-Adresse. Wenn es mal etwas zu besprechen gibt, das einen längeren Schriftverkehr bedarf, kannst du auch eine separate E-Mail-Adresse erstellen, wie z. B. AbspracheUmbau@web.de. Guck dann nur so häufig in Deinen Posteingang wie es dir damit gut geht.

 

 

5. Wahrheitsfilter! Lass dich nicht von schönen Familienbildern oder Aussagen von diversen Familienmitgliedern (z. B. es habe sich in der Familie etwas verändert) dazu verleiten, in die Familientrance zurück zu kommen. Informiere dich weiter über das Thema Narzissmus in der Familie (zum Beispiel mithilfe meines Buchs „Narzissmus in der Familie – Untersuchung eines Verbrechens“), um bei dir zu bleiben.

 

6. Selbstwert optimieren: Pflege deinen Selbstwert und baue ihn aus. Wenn du aus Furcht vor Konsequenzen alles tust, um es deiner Familie recht zu machen und dich selbst dabei vergisst (deinen Schlaf nicht beachtest, dich vernachlässigst etc.), dann kann deine Familie mit dir tun, was sie will. Frage dich, was dir gut tut, wie du die Dinge gerne umsetzen würdest und dann handle danach. Einer Familie, in der der Narzissmus wütet, kann man es sowieso nicht recht machen. In deren Augen wird der Sündenbock immer fehlerhaft sein. Du musst dich selbst lieben, beschützen und achten. Die narzisstischen Familienmitglieder sind nicht in der Lage dazu, dir das zu geben, was du brauchst.

 

7. Entspannen am richtigen Ort: Du darfst nicht in den Zustand kommen von „Ach, heute lief es ja recht gut, ich entspanne mich!“ Wenn es gut läuft, dann ist das ein Wunder, aber es kann jederzeit wieder umschlagen. Wenn du aus einer narzisstischen Familie kommst, dann ist das nicht der richtige Ort, an dem du dich entspannen solltest.

 

8. Entspannungsübungen: Wenn du unter der posttraumatischen Belastungsstörung leidest, können Entspannungsübungen wie TRE und PMR dabei helfen, die Hochspannung im Körper abzubauen. Dies ist wichtig, um körperliche Langzeitschäden zu vermeiden. 

TRE (Trauma-Releasing-Exercises) können den Heilungsprozess beschleunigen: Wenn wir uns sehr gestresst fühlen (zum Beispiel, wenn wir große Angst haben), kann es passieren, dass wir Zittern. Dies ist eine Einrichtung des Körpers, die wie ein Blitzableiter dazu dient, den Stress aus dem Körper heraus zu leiten. Dieser Mechanismus wird bei TRE genutzt: über einfache Übungen werden Muskeln zum Zittern gebracht. Auch werden Muskeln gedehnt, die durch den Dauerstress verspannen, was wiederum ein wichtiges Signal an das Gehirn sendet, um die Ausschüttung von Stresshormonen zu unterbrechen, nämlich: "Die Gefahr ist vorüber". Da während der Übungen belastende traumatische Ereignisse hochkommen können (das Trauma hat sich nicht nur im Gehirn, sondern im ganzen Körper manifestiert), sollten die Übungen am besten in Anwesenheit eines Traumatherapeuten durchgeführt werden.   

PMR (Progressive Muskelrelaxation) ist ein Entspannungsverfahren, bei dem durch die willentliche und bewusste An- und Entspannung von Muskelgruppen eine muskuläre Entspannung und dadurch ein inneres Ruhegefühl erreicht wird.

 

9. Ein gesunder Lebensstil: Dein Körper ist womöglich durch den lebenslangen Missbrauch und das Mobbing geschwächt und braucht deine Unterstützung. Achte auf eine gesunde Ernährung und betätige dich mit moderatem Ausdauer- und Krafttraining. Trainiere nicht zu viel und nicht zu heftig, weil auch das den Körper weiter schwächen kann.

 

10. Spurenelemente-Mängel und Vitaminmängel beheben: Viele Betroffene weisen nach narzisstischem Missbrauch einen Mangel an Spurenelementen oder Vitaminen auf. Ein Vollbluttest kann Auskunft geben und festgestellte Mängel sollten unter ärztlicher Kontrolle behoben werden. Manchmal sind die Nährstoffspeicher durch den Dauerstress so weit erschöpft, dass Infusionen sehr hilfreich sein können.

 

In einer narzisstischen Familie hat jedes Familienmitglied seine eigene Dysfunktionalität, mit der dieses seinen Beitrag an dem dysfunktionalen System leistet. Du kannst das nicht korrigieren, aber was du tun kannst, ist, nicht mehr mitzumachen. Denn dadurch müssen die Anderen ihr Verhalten verändern.

 

Es ist wichtig, dass du dich von dem Einfluss deiner dysfunktionalen Familie befreist, damit du deine Identität finden kannst. Einmal äußerlich, indem du den Kontakt einschränkst (oder wenn nötig temporär/für immer gänzlich vermeidest) und einmal innerlich in Form von Psychotherapie. Denn durch einen äußerlichen Kontaktabbruch ist die Familie mit ihrem schädlichen Verhalten nicht automatisch aus deinem Inneren verschwunden.

 

Und bedenke: Grausame Bemerkungen und Beschimpfungen haben nichts mit dir zu tun. Es sind Projektionen ihrer eigenen Unsicherheiten und Unzulänglichkeiten.

 

Schaue dir hierzu auch meinen Artikel „Der Sündenbock in einer narzisstischen Familie“ an.

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