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Eltern ehren trotz Narzissmus und Kontaktabbruch

In diesem Artikel geht es darum, wie du das Gebot „Ehre Vater und Mutter“ umsetzen kannst, auch wenn du nur sehr wenig oder keinen Kontakt zu deinen Eltern hast. Du bekommst konkrete Tipps, wie du ihnen trotzdem Respekt zeigen kannst, ohne dich selbst aufzugeben oder wieder in alte, verletzende Dynamiken hineinzurutschen.

 

Viele Christen haben Angst, dass ein Kontaktabbruch zu den Eltern „Sünde“ sei. Aber dieses Gebot muss im größeren Zusammenhang der Bibel und des Wesens Gottes verstanden werden.

 

 

„Ehren“ bedeutet nicht „alles ertragen“

 

Das hebräische Wort kābēd bedeutet „etwas ernst nehmen“, „Gewicht geben“. Es geht darum, die Rolle der Eltern anzuerkennen und nicht darum, alles hinzunehmen, was sie tun.
Du kannst deine Eltern ehren, auch wenn du dich schützt.

 

 

Es gibt eine Rangfolge der Gebote


Jesus nennt die Liebe zu Gott und zum Nächsten als höchstes Gebot. (Matthäus 22,36–40) Aber er lässt dieses Gebot nicht einfach so für sich stehen, sondern er fügt hinzu: „Du sollst deinen nächsten lieben wie dich selbst.“ Wie DICH selbst! Darin steckt, dass du auch dich lieben sollst! Wenn das „Ehren“ deiner Eltern bedeutet, dass du dich selbst aufgibst, dann widerspricht das dem Gebot der Nächstenliebe.

 

 

Echte Ehre braucht Wahrheit, keine Fassade

 

Wahre Ehre ist nicht Heuchelei. Wenn du vorgibst, alles sei gut, obwohl tiefer Schmerz, Angst oder Missbrauch in der Beziehung liegen, ist das keine Ehre, sondern Selbstverleugnung.

 

In narzisstischen Beziehungen kann man die Liebe oft nur halten, wenn man sich ausreichend schützt und den Kontakt stark begrenzt. Narzissten richten bei jedem Kontakt nur weiteren Schaden an und reißen alte Wunden auf, sodass es gar nicht möglich ist, die Liebe zu „halten“. Wenn eine tiefe Verwundung vor zehn Jahren geschehen ist, kannst du das besser verzeihen als wenn du jedes Mal aufs Neue im Kontakt tief verwundet wirst. Und es ist nicht, dass du „zu sensibel“ bist, wie es narzisstische Personen gern vermitteln, um keine Verantwortung für ihr Handeln übernehmen zu müssen, sondern es liegt in der Natur eines krankhaften Narzissten, andere emotional zu verletzen.

 

Manchmal besteht „Ehre“ darin, den Kontakt ruhen zu lassen, um keine weiteren Verletzungen geschehen zu lassen. Auch das kann ein Ausdruck von Respekt sein, wenn auch auf Distanz. Denn nur durch die Ruhe und den Abstand kannst du für die Person beten, ihr vergeben und vielleicht in dem ein oder andern Moment - wenn es tragbar ist und Gott dich führt - für diese Person da sein.

 

 

Vergebung und Versöhnung

 

Diesen Punkt erwähne ich, weil er oft im Zusammenhang mit ehre deine Eltern vermisch wird. Wenn du keinen Kontakt zu deinen Eltern pflegst, unterstellen dir vielleicht manche Glaubensgeschwister, dass du nicht vergeben hättest. Jedoch ist Vergebung und Versöhnung nicht dasselbe. Vergebung kannst du allein aussprechen. Versöhnung braucht immer zwei Seiten. Narzisstische Menschen wollen oder können sich oft nicht versöhnen. Und: Vergebung bedeutet nicht, dich erneut verletzen zu lassen.

 

Vergebung ist ein zentraler Wert im Christentum, aber sie bedeutet nicht, sich erneut dem Missbrauch auszusetzen. Vergebung kann auf Distanz geschehen.

 

Jesus selbst sagt in Lukas 17,3–4: „Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht; und wenn er Reue zeigt, vergib ihm.“ Das zeigt, dass Vergebung an Reue gebunden ist. Versöhnung ist nicht einfach Pflicht ohne Veränderung.

 

 

Eltern ehren zum Preis deiner eigenen Gesundheit - nein.

 

In der Bibel stehen viele Regeln. Aber Gott schaut nicht nur auf die Regeln sondern er sieht auch die Situation, in der sich der Mensch befindet. Es steht ja auch in der Bibel, dass wir uns der Regierung unterordnen sollen (Römer 13,1) oder auch auf unsere Vorgesetzten hören sollen (Epheser 6,5). Aber wenn die Regierung etwas anordnet, das uns oder anderen schadet, sollen wir nicht auf sie hören. Oder wenn der Chef auf korrupte Methoden umsteigt und von seinen Mitarbeitern verlangt, mitzumachen, dann sollten wir da ebenfalls nicht mitmachen.

 

 

Wie du deine Eltern im Kontaktabbruch ehren kannst:

 

Für sie beten

 

Beten ist eine Form von „geistlicher Fürsorge“. Du kannst für Heilung, Erkenntnis und Schutz beten, ohne dich selbst erneut in den Kontakt zu begeben.
→ Beispiel: „Ich bete, dass meine Eltern Heilung finden, dass Gott ihnen begegnet und sie verändert.“

 

 

Ihre Menschlichkeit anerkennen

 

Du musst nicht ihr Verhalten gutheißen, aber du kannst anerkennen, dass sie auch von Verletzungen geprägt sind. Das ist eine Art, ihre Rolle zu respektieren, ohne dich selbst zu verleugnen.

 

 

Dankbar sein für das, was trotzdem war

 

Wenn es irgendetwas Gutes in der Vergangenheit gab (vielleicht kleine Versorgungsmomente in der Kindheit) kannst du diese anerkennen, ohne das ganze Verhalten gutzuheißen.

 

→ Beispiel: „Ich danke Gott für die Dinge, die meine Eltern mir ermöglicht haben, auch wenn vieles schmerzhaft war.“

🎬 Zum Video:
Wenn du lieber schaust statt liest, ist hier das Video zum Thema. Der Artikel geht unten weiter.

Offen bleiben für Gottes Sprechen

 

Im Kontaktabbruch kann Gott dir verschiedene Familienmitglieder aufs Herzen legen. Falls du den Eindruck hast, dass er das tut, dann bleib im Gespräch mit Gott darüber und schau, ob der „Impuls“ stärker wird oder ob er wieder verschwindet. Wenn er trotz deiner Befürchtungen, Kontakt mit dieser Person aufzunehmen, stärker wird, kann es gut möglich sein, dass Gott es ist, der dich mit dieser Person nochmals zusammen führen will. Vielleicht steht etwas wichtiges an, vielleicht möchte Gott etwas in dir und/oder in dem Leben der anderen Person heilen.

Auch in toxischen Beziehungen ist (teilweise)  Heilung möglich. Eine dauerhaft tragfähige Beziehung ist zwar selten, aber es kann dennoch ein Schritt geschehen.

 

Ein extremes Beispiel ist Joyce Meyer: Nachdem sie von Gott den Auftrag bekam, sich um ihre Eltern zu kümmern – trotz jahrelangem Missbrauch durch ihren Vater und dem Schweigen ihrer Mutter –, gehorchte sie. Ihr Vater gestand seine Taten, weinte zwei Wochen durchgehend, bat sie um Vergebung und übergab sein Leben Jesus.

 

→ Ihre ganze Geschichte findest du auf The Christian Post (April 2018) oder im YouTube-Video „My Father Raped Me“: Joyce Meyer Opens Up About Day Her Father Admitted to Sexually Abusing Her, Accepted Christ | Church & Ministries

 

 

Grenzen setzen aus Respekt vor der Beziehung


Indem du klare Grenzen setzt, verhinderst du ständige Eskalationen und respektierst die Beziehung so weit, wie es möglich ist. Wenn du es in Erwägung ziehst, den Kontakt zu reduzieren oder abzubrechen, dann weißt du doch schon längst, dass sich Narzissten keine Fehler eingestehen können. Dass diese Personen die Realität verdrehen müssen. Also reduziere den Kontakt soweit, dass du es aushalten kannst. Aus Liebe zu dir und zur anderen Person. Indem du Abstand hältst, schützt du die Beziehung, anstatt sie durch ständige Konflikte noch mehr zu zerstören.

 

 

Post ohne Absender

 

Wenn du es auf dem Herzen hast, deinen Eltern zu schreiben, aber ihre manipulative Art nicht verträgst, kannst du Ihnen per Post eine Kleinigkeit schicken - ohne deine Adresse drauf zu schreiben, wenn diese nicht bekannt werden soll. Du kannst auch gar keinen Absender bekannt machen, wenn du es nicht möchtest. Oder eine separate E-Mail Adresse kreieren, von der aus du dich ab und zu meldest und in die du dich nur einloggst, wenn du in Kontakt treten magst.

 

 

Praktische Fürsorge ermöglichen

 

Wenn deine Eltern pflegebedürftig sind, kannst du - wenn es für dich tragbar ist - praktische Unterstützung ermöglichen, zum Beispiel durch einen Pflegedienst oder andere externe Hilfe. So kannst du für ihre Versorgung sorgen, ohne selbst in direkten Kontakt gehen zu müssen.

 

 

Und hier noch ein tröstender Bibelvers:


„Selbst wenn Vater und Mutter dich verlassen, nimmt der HERR dich auf.“ (Psalm 27,10)

 

Niemand verlässt leichtfertig seine Eltern. Wenn du betroffen bist, hast du vermutlich jahrelang um Kontakt gerungen, bevor du mit gebrochenem Herzen die Entscheidung zum Rückzug treffen musstest. Der Artikel richtet sich zwar an Menschen, die den Kontakt zu ihren narzisstischen Eltern abgebrochen haben.. aber eigentlich sind es oft sie, die zuerst von ihren Eltern verlassen wurden.

 

 

Zum Schluss noch eine Ermutigung aus Epheser 5,11:

 

„[...] und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf.“

 

Wir sollen das Böse benennen. Das können wir was eine toxische Familie betrifft zum Beispiel dadurch, dass wir nicht mehr auf Geburtstagen oder in der Nachbarschaft erscheinen und aufhören so zu tun, dass alles in Ordnung ist.

 

 

 

Hier geht´s zum Artikel „Kontaktabbruch zur narzisstischen Familie - Was sagt Gott dazu?

 

👉 Schau auch gern in meine Selbsthilfegruppe „Christen helfen Christen im Umgang mit Narzissten“ auf Facebook!

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